Blässhuhn (Fulica atra)

Nach der Stockente gehört das Blässhuhn (Fulica atra)  – auch Blässralle, Wasserhuhn oder Duckente genannt – zu den verbreitetsten Wasservögeln in Mitteleuropa.

Beschreibung

Das Blässhuhn ist eine mit 36–42 cm Körperlänge mittelgroße, rundliche Ralle, die schwimmend relativ hoch im Wasser liegt. Das Federkleid ist schwarzgrau, der Kopf ist relativ klein. Namensgebend ist das leuchtend weiße Stirnschild. Der etwa 30 mm lange, weiße oder rosa getönte Schnabel ist spitz, mit gebogenem Oberschnabelfirst und kräftiger Basis. Die Iris der Augen ist tief olivgrün. Blässhühner sind gute Schwimmer. An ihren kräftigen grünen Beinen befinden sich Schwimmlappen zwischen den Zehen. Sie können bis zu sechs Meter tief tauchen und bleiben dabei bis zu 20 Sekunden unter Wasser.

Der Lebensraum der hühnergroßen Ralle ist der Schilfgürtel am Ufer eines ruhigen Gewässers

Lebensweise

Die charakteristische Blesse ist ein leuchtend weißer Hornschild über dem Schnabel, der die Stirn bedeckt und individuell, altersmäßig und bei den Geschlechtern in der Größe variiert.  Im Pflanzengürtel der Verlandungszone nährstoffreicher Gewässer finden Blässhühner Nahrung durch Abreißen und Abzwicken von Halmen und Blättern, Gras und Ähnliches suchen sie auf ufernahen Äckern und Wiesen. Als Allesfresser kommen aber auch kleine Mollusken wie beispielsweise Wandermuscheln und Schnecken sowie Insekten und deren Larven oder kleinere Fische infrage

Wilde Flucht

Während des Sommers fressen Blässhühner auch Schilf, das einen hohen Gehalt an Rohproteinen und Kohlenhydraten aufweist. Bei reiner Ernährung von Blättern und Trieben von Schilf benötigen Blässhühner täglich knapp ihr Körpergewicht. Bei sehr hoher Dichte an Blässhühnern kann es zu einer Übernutzung des Schilfgürtels kommen.

Winterfrrieden

Im Winter kann man die Gesellschaft von anderen Blässhühnern problemlos vertragen. Kein Gezanke oder Geschrei. Ansammlungen von einigen 100 Tieren, wie dem Ismaninger Speichersee, sind in den kalten Monaten keine Seltenheit.

Zu den natürlichen Feinden der Blässhühner gehören Raubvögel wie Falken oder Seeadler. Erstaunlich ist ihr Verhalten gegenüber Nilgänsen, einer Gattung, die erst in den letzten Jahrzehnten in Mitteleuropa heimisch geworden ist. Die Gänseart passt nicht in das vertraute Freund-/Feindbild. Die Rallen verfallen beim Auftauchen einer Nilgans sofort in totale Panik und flüchten in den nächstliegenden Schilfgürtel.

Blässhühner sind grundsätzlich gesellige Vögel, die, besonders im Winterhalbjahr, auch in größeren Gruppen anzutreffen sind. Zum Brüten bevorzugen sie stehende Gewässer mit viel Uferbewuchs. Während der Brutzeit streiten die Tiere viel mit Artgenossen und anderen Wasservögeln, die ihrem Nest zu nahe kommen. Die Rallen sind äußerst wehrhaft und mutig. Sie kämpfen mit Schnabel oder Krallen und versuchen sich, den Gegner unter Wasser zu drücken.

Nachwuchs

Die eigentliche Brutsaison der Vögel startet erst im April. Aber bereits im Spätwinter beginnt ein Blässhuhnpärchens das eigene Revier gegenüber Artgenossen und Eindringlinge zu verteidigen. In guten Jahren haben sie bis zu zwei Bruten. Ein Gelege verfügt zwischen 4 und 9 (manchmal bis zu 12) Eier. Die Farbe der starkschaligen Eier ist gräulich oder gelblich-weiß mit dunklen Flecken.

Typisch für Blässhühner ist das ständige Kopfnicken beim Schwimmen. Die Vögel lassen sich durch diese Verhaltensmuster schnell eindeutig identifizieren. Junge Blässhühner sind Nestflüchter, die bereits nach kurzer Zeit nach dem Schlüpfen schwimmen können. Während des ersten Lebensmonats werden die Jungen von den Alttieren im Familienverband geführt und gefüttert. Dabei hält sich ein Teil der Jungen an den Vater, ein Teil an die Mutter. Diese kümmern sich jeweils nur um „ihren“ Teil. Nach ca. zwei Monaten werden die Jungen flügge und selbstständig, bleiben aber oft noch lange im Revier.

Der Eindringling wird vertrieben…

Der Gesamtbestand in Europa wird auf 1,3 bis 2,3 Millionen Brutpaare geschätzt, die Art gilt als nicht gefährdet (Kategorisierung „rote Liste„). In einigen Regionen Deutschlands (z.B NRW) ist seit den 1980er Jahren ein lokaler Bestandsrückgang bekannt, der zum Teil auf Verluste durch harte Winter, zumeist aber auf den Rückgang der Ufervegetation, vor allem von Röhrichten, zurückzuführen sind. Wie so häufig zeigt sich: Die Zerstörung von Lebensraum ist ursächlich für den Rückgang der Artenvielfalt!

Schutz und Jagd

Das Blässhuhn unterliegt wie alle europäischen Vogelarten dem allgemeinen Schutz der EU-Vogelschutzrichtlinie (national umgesetzt im Bundesnaturschutzgesetz). Es gehört allerdings zu den Arten, die in allen Mitgliedstaaten der EU gejagt werden dürfen. Das Blässhuhn ist der einzige Vertreter der Rallen, die in Deutschland regelmäßig vom 11. September bis zum 20. Februar gejagt werden darf.

Begrüssungsritual
Blässhuhn (Fulica atra)
Drohgebärde

In gemäßigten Verbreitungsgebieten sind Blässhühner hauptsächlich Standvögel. In kälteren Regionen kommt es im Herbst zu Flügen in wärmeren Gebiete. Für Deutschland ergibt sich dadurch: Im Winterhalbjahr sind neben der standorttreuen Population, auch Gäste aus Nordeuropa zu beobachten.

Die revierfremde Blessralle wird sofort attackiert
Blässhühner haben als einzige einheimische Rallenart ausgebildete Schwimmlappen an den Zehen

Blesshuhn oder Blässhuhn ?

Welche Schreibweise ist korrekt? Der Duden spricht: Für beide Varianten gilt die Schreibweise mit dem Doppel S. Bei dem Erstglied dieser Vogelbezeichnung handelt es sich um das Substantiv Blesse »weißer (Stirn)Fleck«. Die Schreibung Blesshuhn wird in der Fachsprache bevorzugt, korrekt ist aber auch die Schreibung Blässhuhn.

Uferpromenade

Wo und Wie ?

Die hier gezeigten Bilder entstanden im Naturschutzgebiet Ilkerbruch, an der Isarmündung bei Plattling, in Kews Garden –  London und am Bodensee nahe Arbon. Eingesetzt habe ich eine digitale Spiegelreflex-Kamera und Objektive mit 200 oder 500 mm Brennweite.